Die Entstehung einer neuen Stadtviertelzeitung

Frieder Vogelsgesang

Der Blutenburger Kurier wurde 1993 durch mich, Frieder Vogelsgesang, in Zusammenarbeit mit meinem Bruder Guntram Vogelsgesang ins Leben gerufen. Die Entstehung des Blutenburger Kurier ist eine komplexe Geschichte. Viele - und insbesondere auch persönliche Randbedingungen - führten zur Geburt dieser heute gerne gelesenen Stadtviertelzeitung. Einen kleinen Einblick in die äußeren Umstände möchte ich nachfolgend geben.

Mit Abschluss der Renovierungsarbeiten an Schloss Blutenburg und dem Einzug der Internationalen Jugendbibliothek in das Schloss im Jahr 1983 begann der Verein der Freunde Schloß Blutenburg e.V. das alte Schlossgemäuer mit Leben zu füllen. Ich war damals als Vereinsgeschäftsführer (1981 - 1992) bemüht um ein abwechslungsreiches kulturelles Programm, dargeboten durch verschiedene Veranstalter und auch den Verein selbst. So nahm der Verein z.B. 1985 seine Ausstellungstätigkeit auf, 1986 fand in Zusammenwirken mit dem Verein „D'Blutenburgler“ der erste Weihnachtsmarkt im Schlosshof statt.

Die Veranstaltungen von Verein, Bibliothek und zahlreichen anderen Veranstaltern wurden in kürzester Zeit nach Öffnung von Schloss Blutenburg derart vielfältig, dass es sich als sinnvoll anbot, ein übersichtliches Veranstaltungsprogramm herauszugeben. Da dem Vorstand des Blutenburgvereins das finanzielle Risiko zu groß erschien, wurde durch Andreas Schessl, Veranstalter der damaligen Konzertreihe „Meisterkonzerte in Schloß Blutenburg“ und heute einer der großen Münchner Konzertveranstalter, und mich auf eigenes Risiko im Herbst 1986 der „Veranstaltungskalender Schloß Blutenburg“ ins Leben gerufen.  Aus beruflichen Gründen schied Andreas Schessl Ende 1990 aus.

Die erste Ausgabe dieser übersichtlichen Broschüre im Format DIN A 6 quer erschien zum ersten Halbjahr 1987 in einer Auflage von 10.000 Exemplaren, die - finanziert durch Anzeigen und kostenlos verteilt - in Schloss Blutenburg und zahlreichen Geschäften in Pasing und Obermenzing reißenden Absatz fand. Über eine hierin abgedruckte Beitrittserklärung konnte auch der Blutenburgverein zahlreiche neue Förderer gewinnen.

Wegen Meinungsverschiedenheiten im Vorstand über Arbeitsinhalte und Arbeitsorganisation des Vereins kündigte ich am 30. Juli 1992 meine Tätigkeit als Vereinsgeschäftsführer des Blutenburgvereins zum Jahresende 1992 auf und widmete mich meinem Studiumabschluss. Am 16. Februar 1993 trat ich sodann auch als stellvertretender Vereinsvorsitzender zurück.

Der Vereinsvorstand  „beauftragte“ mich allerdings weiterhin mit der Bearbeitung des halbjährlichen Veranstaltungskalenders „mit der Maßgabe, dass neben den Veranstaltungen des Vereins nur noch bibliothekseigene Veranstaltungen aufgenommen werden, nicht jedoch Veranstaltungen von Dritten“. Dies stand in völligem Gegensatz zum ursprünglichen Gründungsgedanken alle Veranstaltungen im Schloss bekannt zu machen. Darüber hinaus wurde unter anderem durch den Vorstand auch gefordert, dass für den Verein entsprechend Werbung gemacht werden müsse und demzufolge hierfür Platz eingeräumt werden muss, dem Verein jedoch keinerlei Kosten entstehen dürfen. 

Mit diese Forderungen konfrontiert, war die Einstellung des Veranstaltungskalenders die logische Konsequenz. Das Heft erschien letztmalig im zweiten Halbjahr 1993. Gleichzeitig mit der Arbeit an diesem letzten Veranstaltungskalender begannen wir im April 1993 mit den Vorbereitungen für die erste Ausgabe des Blutenburger Kuriers, die sodann im Juni 1993 erschien. Die Berichterstattung über Veranstaltungen in Schloss Blutenburg wurde nicht nur nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil über das Schloss hinaus ausgeweitet.

Der Zeitpunkt war günstig: Die Diskussion um die Stadtviertelneueinteilung vom Herbst 1992 war immer noch in vollem Gange und so bot es sich an, eine Zeitung für das gesamte Viertel anzubieten und nicht mehr nur für Schloss Blutenburg. Der Leitartikel in der Erstausgabe nimmt dieses Thema eingehend auf.

Der Blutenburger Kurier ist der Beweis dafür, dass eine kostenlose Stadtviertelzeitung in ansprechender Aufmachung machbar ist und gerne angenommen wird. Er informiert über kommunalpolitische Hintergründe der Geschehnisse vor Ort und ist ein Podium für ortsansässige Vereine zur Mitteilung ihrer Aktivitäten. In kurzer Zeit gab es bereits eine Vielzahl von regelmäßigen Abonnenten und sogar Sammler, die den Kurier fachmännisch in Buchform binden lassen.

Vorgesehen war ursprünglich alle zwei Monate ein vierseitiges Informationsblatt in schwarz / weiß. Der Erfolg und die Nachfrage waren von Anfang an jedoch unerwartet groß. Bereits die zweite Ausgabe hatte einen Umfang von sechs Seiten sowie - auf Drängen und Dank der Finanzierung der damaligen Anzeigenkunden - die Schmuckfarbe gelb, die dritte Ausgabe war bereits 12 Seiten stark. 1996 betrug der durchschnittliche Umfang 16 Seiten, seit Ende 1997 in der Regel 20 Seiten, gelegentlich auch 24 Seiten und ab 2003 / 2004 zum Teil sogar 28 Seiten. Das stetig steigende Anzeigenaufkommen machte eine Erweiterung des Umfangs notwendig, denn die Qualität des Blutenburger Kuriers bestand und besteht letztlich auch in der Ausgewogenheit von Berichterstattung und Anzeigenvolumen.

Die Herausgabe des Blutenburger Kuriers mit regelmäßig steigenden Umfang war jedoch mit der eigentlichen beruflichen Tätigkeit, weiteren ehrenamtlichen Aufgaben und nicht zuletzt mit den familiären Bedürfnissen nicht mehr vereinbar. Daher musste die Herausgabe in bis dahin gewohnter Form (sechs mal im Jahr, pünktlich alle zwei Monate) zum Jahresende 2004 eingestellt werden.

Die Reaktionen und Zuschriften auf die Einstellung des Blutenburger Kuriers waren dann jedoch überraschend groß. Die starke Resonanz führte schließlich zur Entscheidung, den Blutenburger Kurier ab 2005 in geringerem Umfang als Halbjahresschrift der Bürgervereinigung Obermenzing e.V, deren Vorsitzender ich zu diesem Zeitpunkt bereits war, jeweils im Frühjahr und Herbst eines Jahres herauszugeben, inhaltlich stärker begrenzt auf Obermenzinger Themen. Am 19. Januar 2005 stimmte der Vorstand der Bürgervereinigung dieser Überlegung einstimmig zu. So ist das Bestehen des Blutenburger Kuriers bis auf weiteres gesichert und vielleicht ergibt sich irgendwann wieder die Möglichkeit, den Umfang, den inhaltlichen Umgriff und die Häufigkeit des Erscheinens zu erhöhen. Der Wunsch seitens der Leserschaft nach stadtviertelbezogener Berichterstattung ist groß und mir immer von Neuem Ansporn. Der Blutenburger Kurier entsteht nach Feierabend, er wird an Wochenenden und an freien Arbeitstagen recherchiert und erstellt.

Zu guter Letzt möchte ich noch ausdrücklich Dank aussprechen: an meinen Freund Rupert Steigenberger, der seit dem zweiten Jahrgang 1994 bis Ende 2004 über 10 Jahre hinweg wesentlich zum Gelingen unserer Stadtviertelzeitung beitrug und posthum nochmals an meine Mutter Gisela von Volckamer, die mir von der ersten Ausgabe an bis zu ihrem Tod im Februar 2001 regelmäßig mit Rat und Tat zur Seite stand. Dank geht nicht zuletzt an alle unsere Anzeigenkunden, ohne die eine Herausgabe gar nicht erst möglich wäre. Unsere Leser bitte ich daher eindringlich um Beachtung der abgedruckten Annoncen. Ein ganz Herzliches Dankeschön geht auch an meine Ehefrau Irina und meine Söhne, die sich mit Ihren Interessen häufig in Geduld üben müssen und mich bei meiner Arbeit regelmäßig unterstützen.

 

Frieder Vogelgesang